Archiv für den Monat Januar 2020

Zwischenstopp! Das Grundeinkommen in der Sackgasse

Vor einem Jahr haben wir das Grundeinkommen noch als „das Thema“ der nächsten Bundestagswahl gesehen. Die Parteienvertreter schienen sich in ihren Vorschlägen zu überbieten. Doch inzwischen ist die Debatte völlig verstummt.

Andere Themen machen uns Sorgen: die Herausforderungen des Klimawandels, Migration, eine beginnende Rezession, die Unwägbarkeiten der amerikanischen Außenpolitik und die damit verbundene Kriegsgefahr.  In dieser Situation möchte kein Politiker sich den Vorwurf machen lassen, er gäbe sich mit Kinkerlitzchen ab.

Darüber hinaus haben Voraussagen zur Auswirkung der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt sich noch nicht bestätigt. Im Gegenteil: geringe Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel sind die Realität. Forderungen nach einem BGE wären in dieser Situation kontraproduktiv, denn sofort würde die Behauptung erhoben, damit stünden noch weniger Arbeitswillige zur Verfügung. Solchen Behauptungen sachlich entgegenzutreten ist schwer, weil die Debatte um das Grundeinkommen und dessen Legitimation in der Breite der Gesellschaft noch nicht geführt wurde und die Mehrheit der Menschen deshalb nicht in der Lage ist, das einzuordnen.

Aber auch unter den Befürwortern des Grundeinkommens wird die Debatte zunehmend zum Austragungsort ideologischer Grabenkämpfe, in denen wahlweise anarchistischen, kapitalismuskritischen und aktuell vor allem feministischen Positionen zum Durchbruch verholfen werden soll. Ihre Partikularinteressen sind diesen Menschen wichtiger als das große Ganze. Die humanistische Idee, die hinter dem Grundeinkommen steht, wird damit zweitrangig. Diese Idee allein ist es aber, hinter der die Gesellschaft in voller Breite vereinigt werden könnte. Wenn dies nicht gelingt, ist das Bedingungslose Grundeinkommen nicht durchsetzbar.

Was also tun? Das theoretische Rüstzeug ist vorhanden. Man kann das immer wieder aufwärmen, über Modelle trefflich streiten, aber was soll’s? Legen wir doch einen Zwischenstopp ein und warten auf günstigere Zeiten, um das Thema in die gesellschaftliche Debatte zu rücken. Erzwingen lässt sich das sowieso nicht. Erst wenn die Politik das Grundeinkommen als Mittel zur Lösung dringender Probleme erkennt, ist unsere Stunde gekommen. Dann nämlich müssen wir darüber wachen, dass es nicht zum Almosen verkommt und die humanistischen Absichten auf der Strecke bleiben. Dann wird es umso wichtiger sein, dass wir uns auf die wirklich wichtigen Themen fokussieren: die Legitimation des Grundeinkommens unter besonderer Berücksichtigung ökologischer Aspekte und die Einbeziehung öffentlicher Dienstleistungen in das Grundeinkommen.

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